Alpenherz

 

noch 15 Tage – und der Rest von Heute!

Tagebuch 2019 – der Countdown zur Wiesn.

Heute: Die Allgäuer Trachtenmanufaktur Alpenherz oder: des sitzt wie angegossen

Kleider machen Leute.

Das war immer so. Das ist immer so. Das wird immer so bleiben. Wenn man über Kleidung spricht, bleibt einem nix anderes übrig, als über Geschmack zu reden. Weil dem Einen was gefällt, was der andere nicht mag. Das ist Gott sei Dank so. Sonst wäre die Welt sehr eintönig und es würde keine Unikate geben. Es würde nichts geben, was man besonders schön oder besonders gruslig finden würde. In kaum einem Bereich unserer Gesellschaft gehen die Meinungen, Geschmäcker und Vorlieben so weit auseinander wie bei der Mode. Auf den Laufstegen dieser Welt präsentieren Designer Kreationen, die ich nicht mal im Fasching tragen würde. In den Schaufenstern der Einkaufspassagen hängen Fummel bei denen ich gar nicht weiß wo vorne und hinten ist. In den Fußgängerzonen dieser Welt laufen Gestalten rum, denen ich unterstelle, sie hätten keinen Spiegel daheim. Trotzdem, oder vielleicht besser: genau deswegen sind die Leute glücklich und zufrieden, weil für jeden Typ Mensch, für jeden Geschmack ist was dabei.

Trachtenzeit im Modegeschäft

Wie in den letzten Tagen schon häufiger erwähnt, wird, insbesondere in München, die Modewelt rein Werbungstechnisch voll vom nahenden Oktoberfest geleitet. Dirndl hier und Lederhosn da. Trachtenjanker dort und Spenzer hier. Schön ist des. Zumindest meistens. Die meisten Trachten sind sowohl im Schaufenster wie auch auf dem Plakat wunderhübsch anzusehen. Ein bisschen Samt, ein bisschen Leinen, hier ein bisschen Seide, dort ein bisschen Loden. Rot, blau, grün. Kräftige Farben und zartes Pastell. In der Liebe und bei Trachten ist alles erlaubt. Zumindest will die Modebrache uns das Glauben machen.

Das perfekte Dirndl

Ein Dirndl muss gut sitzen, darf nicht zwicken und nicht zu groß sein. Die Farbe muss passen. Die Schürze auf der richtigen Seite gebunden sein. Der Busen sollte bis zum Ende des Abends seinen Platz im Dirndl haben. Das sind mal so die grundlegenden Dinge, auf die man beim Dirndl-Kauf aufpassen muss. Dann geht’s an eingemachte: Farbe und Stoff. Darfs eher bisschen auffälliger sein oder lieber klassisch. Hochgeschlossen oder mit Balkon. Der Schnitt des Dirndls muss zur Trägerin passen. Zum Typ. Zur Figur. Zum Anlass. Und die Auswahl ist groß. Riesengroß. Wo also anfangen?

Kempten im Allgäu

Wer glaubt, dass ein echtes Dirndl aus München kommen muss, der irrt durch aus. Es gibt in München viele schöne Dirndl. Aber eben nicht nur in München. Es gibt sie unter anderem auch in Kempten im Allgäu. Und auf der Suche nach meinem perfekten neuen Dirndl für die Wiesn dieses Jahr, habe ich einen Ausflug in eben dieses kleine Städtchen an der Iller gemacht. Die Trachtenmanufaktur Alpenherz ist dort ansässig. Der Name ist hier Programm: beim ersten Blick ins Schaufenster ist mein Trachtenherz sofort aufgegangen. Von der Schürze bis zur Bluse steckt bei Alpenherz liebe in jeder Naht. Ein Dirndlparadies mitten in der Kemptner Altstadt.

Schnittwunder

Dieses Jahr habe ich mir ein blaues Dirndl vorgestellt. Blau. Ob hellblau oder dunkelblau, Baumwolle, Seide oder Samt, das weiß ich noch nicht so genau. Aber ein blaues Dirndl soll es sein. Davon hängen in dem liebevoll eingerichteten Ladengeschäft eine ganze Menge. Verschiedene Schnitte, verschiedene Stoffe, verschiede Muster. Gemeinsam mit der kompetenten Verkäuferin suche ich mir drei Modelle aus der aktuellen Kollektion aus – zum Anprobieren. Das erste ist ein Samt-Dirndl mit Schneewittchen-Kragen und einer gläsernen Knopfleiste. Der Rock ist leicht ausgestellt und es findet sich eine Samtborte aus dem gleichen Stoff wie das Mieder gefertigt ist wieder. Ein kräftiges dunkelblau wird mit einer freundlichen hellblau in der Schürze und an den Nähten aufgefrischt. Ein echter Hingucker sind neben dem modernen Schnitt aber vor allem die glänzenden Knöpfe. Edel, schick und modern. Ich suche mir eine passende Bluse, ebenfalls mit dem hübschen Stehkragen und halblangen Ärmeln dazu aus und verschwinde in die Kabine. Schon beim reinschlupfen merke ich – wir zwei, das Dirndl und ich sprechen die gleiche Sprache. Als die vielen Knöpfe endlich zu sind und die Schürze gebunden ist, kann ich es schon gar nicht mehr erwarten einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ich trage gerne und viel Dirndl und ich merke sofort, wenn mir ein Dirndl passt. Der erste Blick von der lieben Nicole verrät mir, dass mein Gefühl mich nicht enttäuscht. Und mein erster Blick in den Spiegel löst ein „Schockverliebt“ Gefühl in mir aus. Da passt einfach alles. Das Dirndl sitzt genau da wo es soll. Alles ist an seinem Platz. Nix zwickt und nirgends stören irgendwelche Falten.

Die zwei anderen

Nichts desto trotz – es liegen da noch zwei andere Dirndl, die probiert werden wollen. Ein mittelblaues Dirndl. Etwas klassischer im Schnitt ohne Stehkragen. Die Schürze aus Seide, das Mieder aus Leinen und der Rock aus Baumwolle. Dazu probiere ich natürlich eine Bluse, ebenfalls ohne Stehkragen, dafür mit etwas Spitze an den Ärmeln. Auch das Dirndl passt perfekt. Es ist weniger elegant, dafür um so „echter“. Klassisch. Schön. Das Dritte Dirndl ist ein glänzend hellblaues Seidendirndl. Wenn gleich es ebenso gut sitzt wie die beiden anderen, sind die Farbe und ich keine Freunde auf den ersten Blick. Es wird also eines der anderen beiden Dirndl werden.

Dirndlliebe im Detail

Bei Alpenherz-Dirndl findet man Dirndlliebe bis ins kleinste Detail. Alle Produkte der Allgäuer Manufaktur werden mit einem kleinen goldenen Herzchen versehen. Beim Dirndl wird es am Rücken zwischen den Schulterblättern angebracht, bei den Blusen am Ärmel. Jacken, Janker, Schürzen – das Herzchen ist überall dabei. Gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet sich das Atelier. Hier werden die Dirndl gefertigt und hier werden die Änderungen gemacht. Im Notfall auch sofort und ohne Wartezeit. Und hier werden die Herzchen angenäht. Mit der Hand. Wie es sich für eine Manufaktur gehört. Keine Massenware.

Ein Gwand für alle Fälle

Hier gibt es natürlich nicht nur Dirndl für die Wiesn. Hochzeitsdirndl, Festtagsdirndl, Sonderanfertigungen und Herren Mode – und sogar an den Nachwuchs ist gedacht. Kinderdirndl mit Samt und einem kleinen Herzchen – da geht der Dirndl-Mama das Herz gleich noch mehr auf.

Und welches Dirndl wirds jetzt

Ich bin nochmal in das erste Samt-Dirndl geschlüpft. Es passt einfach wie angegossen. Da meine Wiesn dieses Jahr ja überwiegen draußen stattfindet, suche ich mir noch einen hübschen Blazer in dunkelbraun mit Samtkragen raus. Tailliert geschnitten mit einem kleinen angedeuteten Schößchen und einer auffälligen Stoffspange im Rücken passt der ebenso perfekt wie das Dirndl. Und nicht nur zum Dirndl. Auch über eine Jeans lässt sich das Jäckchen herrlich tragen und macht gleich ein bisschen Trachten-Gefühl.

Münchner-Himmel-Augustiner-blau

Meine Wahl ist gefallen. Meine Wiesn wird dieses Jahr blau. Zumindest am ersten Tag. Ein Münchner-Himmel-Augustiner-blau. Ich bin ganz verliebt. Und ich fühl mich sau-wohl in dem Dirndl. Ich bin davon überzeugt, dass genau das der Grund ist, warum es hübsch aussieht. Ganz ohne Schminke und ohne Haarstyling und ohne Schuhe sieht dieses Dirndl mit mir hübsch aus – weil ich mich wohlfühle. Nicht verkleidet. Nicht halbangezogen. Es zwickt nicht. Es trägt nirgends auf. Es ist einfach nur toll. Dafür gibt’s auch keinen anderen Ausdruck.

Alpenherz-Auswahl in München

Übrigens, Alpenherz gibt’s nicht nur in Kempten. Auch in München gibt es verschiedene Geschäfte, in denen man die wunderschönen Trachten aus dem Allgäu kaufen kann.

Notiz: Selbstbewusstsein ist dein schönstes Gwand, trage es täglich – am Schönsten im Dirndl – es gibt so viele schöne Trachten, wir brauchen viel mehr Wiesn

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