Was war denn des?
Winter: Schnee, Eis, Kälte, Glühwein und Plätzchenduft. Das sind die Parameter, die einen Winter ausmachen. Bei aller Liebe – des war nix! Ich habe es mit Glühwein probiert, bin aber auf Grund der Temperaturen ziemlich schnell auf Augustiner umgestiegen. Ich habe es mit Plätzchen probiert, aber bei gefühlten 20 Grad in der Sonne schmecken die auch nicht. Zugegeben: ich musst nicht Schneeschaufeln! Hat ja auch was für sich. Aber hey, ein richtiger Winter war des nicht.
Wo bleibt denn da der Nervenkitzel beim Autofahren? Wo bleibt denn das zamkuscheln auf dem Heimweg?
Gut, wenn schon kein Winter, dann lassen wir es wenigstens im Fastelovend so richtig krachen. Hat ja auch seine Vorteile, wenn man auf Grund der hohen Temperaturen keine Skiunterwäsche unter dem Petticoat tragen muss.
Wenn gleich ich ein Münchner Kindl durch und durch bin – es fließt ausreichend Rheinisches Blut in meinen Adern. Und dieses Blut ist schuld daran, dass ich Karneval großartig finde. Mit allem was dazu gehört. Mit bunten Kostümen, mit kleinen Biergläsern, mit Musik die hier niemand versteht und mit Schunkeln. Einfach nur großartig. Muss auch niemand verstehen. Ich kann ja schließlich auch nicht verstehen, wie es Leute gibt, die freiwillig Pils trinken.
Bevor ich mich jetzt dann in die Fastenzeit stürze, bevor ich mich seelisch und moralisch auf die Bierzeltsaison vorbereite – möchte ich die Gelegenheit noch nutzen, Euch ein bisschen vom Karneval zu erzählen. Lustig wars. Wunderbar wars. Und erkenntnisreich!
Kölsche Tapas
Am Mittwoch geht’s mit dem Zug von München nach Köln. Sollte irgendwer von Euch, irgendwann, wofür auch immer nach Köln wollen oder müssen… fahrt Zug! Alles andere ist totaler Schmarrn! Setzt dich rein, chillst, nimmst einen Abschieds-Augustiner mit und bis du schaust bist schon am Dom. Da kann keine Airline mithalten.
Wenn man am Mittwoch vor Altweiber in Köln ankommt, dann hat das ein bisschen was von Parallel-Universum: nachmittags um 15 Uhr laufen Leute mit komischen Hütchen auf dem Kopf durch die Stadt und Ringelsocken säumen diverse Knöchel. Es interessiert niemanden, überhaupt gar niemanden. Wo in München die Leute stehenbleiben würden und schauen würden und sich an den Kopf langen würden, ist in Köln alles anders. In normaler Alltagskleidung fällst du am Mittwoch noch nicht auf, das ist aber dann auch der letzte Tag – bis Veilchendienstag!
Ein Köln besuch startet im Idealfall mit Kölschen Tapas. Und die besten gibt es „Em Hähnche“. Flönz (Blutwurst), Rievkooche (Reiberdatschi), Frikadellsche (Fleischpflanzerl). Alles was das Herz begehrt. Resch angebraten, würzig und der Himmel auf Erden… oder einfach nur Himmel und Äd (traditionelles rheinische Gericht)… ist jetzt die Frage, welche Sprache man spricht. Dazu ein frisch gezapftes Kölsch. Im Stängchen (Kölsch Glas). Weil es so am besten Schmeckt. Mein Kölsches Häz (Herz) danzd (tanzt) Stippefott (Übersetzung nicht gut)!
Wuidara auf da Pirsch
Wenn gleich der Deckel gestern Abend rund war, der Restalkohol dich unter normalen Umständen einfach im Bett liegen lassen würde und du einen kurzen Moment darüber nachdenkst, einfach wieder heim zu fahren – Jetzt, heute, am Donnerstagmorgen um 9 Uhr steigst du einfach ohne nachzudenken auf dein Schöckelpaad (Schaukelpferd) und beginnst deinen Ritt durch die Stadt. Eines vorweg: ich bin erst am Montagabend wieder abgestiegen.
Wer heute in zivil auf die Straße geht, der hat das System nicht verstanden, der ist fehl am Platz, der wird definitiv schräg angeschaut. Die ganze Stadt ist bunt und wenn man genau hinschaut, dann kann man sehen, dass sich sogar der Dom die Lippen rot gemalt hat.
Das ist auch so ein Ding in Köln: man sagt dem Dom „Hallo“ wenn man ankommt, man sagt ihm „guten Morgen“ und auch „gute Nacht“ und hin und wieder, da hebt man auch das Glas und trinkt einfach auf den Dom. Weil einem grad danach ist. Weil es einfach lange gebraucht hat, bis er endlich fertig war. Weil er immer da ist. Weil der Kölner ohne Dom nicht mal die Hälfte ist.
Wie eben schon gesagt, der Donnerstag beginnt früh und – ja – er endet spät. Oberste Prämisse: ein Kostüm was gemütlich ist, nicht zwickt, für drinnen und draußen geeignet ist, irgendwie praktisch ist und vor allem: bequeme Schuhe! Die müssen uns heute nämlich lange, also sehr lange durch de Stadt trecke. Was gibt es da Gemütlicheres, Bequemeres und Praktischeres als die guade oide Lederhosn? Genau! Nix. Und mit am Hut, am Ruß im Gesicht und einem alten Rucksack am Buckl, wird selbst der Wildschütz Jennerwein neidisch.
Der Grund warum ich kein Gewehr dabei hab? 1. geht’s im Weg um. 2. geht´s im Weg um. Und 3. brauchts des einfach nicht. Egal ob Fasching oder Karneval, Waffen, Gewalt und Grant haben hier nix zu suchen. Meine Meinung!
Mit dem ersten Schluck Kölsch saugst du jetzt Köln ein. Das Adrenalin steigt in unmessbare Höhen und ohne einen Rausch (vom ersten Schluck geht des noch nicht) zu haben, bist du ab jetzt angekommen im Parallel-Universum. In einer Stadt, die so bunt, so fröhlich, so herzlich und so wunderbar ist. Danke! Das ich das einfach so genießen darf.
Mary Popins
Der Freitag ist immer komisch. Jedes Jahr. Es ist der Tag, an dem man aufwacht nach einem Tag, den man nicht in Worte fassen kann. Dann liegst du im Bett und schaust an die Decke und denkst drüber nach was das eigentlich war. Nach kurzer Zeit stellst du fest: des einzige was jetzt hilft, ist ein Paulaner Spezi – weil du aber in Köln bist, in deinem Koffer kein Platz mehr war für ein Tragl Spezi und du keine Idee hast, wo du jetzt einen Spezi (und es hilft nur der von Paulaner) herbekommen sollst, ist es Zeit für ein großes Glas „Anti-Kater-Wasser“. Vorbereitung ist das halbe Leben! Ich feier ja gern, nur leide ich nicht gern, also hab ich mir mit einer Art Trocken-Spezi ausgeholfen. Das Rezept gibt´s übrigens hier.
Während du noch überlegst, was gestern war und ob heute wirklich heute ist, wird dir klar: es geht eh gleich weiter. Also hör auf nachzudenken. Wenn gleich der Gedanke an feste Nahrung noch etwas schwerfällt, ein Kaffee geht vielleicht. Also raus in die Stadt. Die Sonne scheint und es herrscht hektisches Treiben. Allerdings scheint heute eine sehr Gruppe im gleichen Kostüm durch die Straße zu ziehen – ach nein, ist kein Kostüm. Das sind die Jungs der Müllabfuhr. Chapeu! Ihr macht einen Wahnsinns Job! Und mal ganz ehrlich Köln! Ist das echt nötig? Die Stadt, die Straßen, die Plätze! Alles, jede Ecke, ist gesäumt mit Müll. Abartig. Unfassbar. Kurze Zeit später ist alles entsorgt. Die Straßen wieder sauber.
Zwei Kaffee später hab ich noch keinen Hunger, aber es geht mir besser. Es fängt schon wieder an zu kribbeln. Also ab ins Bad. Und zack! Mary Popins steht im Zimmer. Kaum ein anderes Kostüm würde heute besser passen als ein Kindermädchen. Ein Kindermädchen mit Zauberkräften und Illusionen. Der erste Weg führt mich wie immer zur Kostümkontrolle ins Satory. Ganz ohne Bayern geht Köln nicht. Also ab zur Geli – auf des erste Kölsch und den ersten Ratsch. Das ist das wunderbare an Karneval. Ich habe keine Missionen. Ich kann das tun, wozu ich Lust habe. Ich muss nicht für andere mitdenken. Ich bin hier oder da oder wo auch immer. Fertig.
Immer dann, wenn ich alleine unterwegs bin, dann habe ich die beste „Alleine-Begleitung“ die man sich vorstellen kann. 4 Kölner/innen und eine Münchnerin haben heute Abend Köln abgerissen – nein, abgeflogen. Weil: „wir fliegen (m)im Ballon dahin, wo die Sterne sind!“
Von A wie Ähzezupp bis Z wie Zylinder
Tag 3. Der Wecker klingelt schon um 8:30 Uhr. Ich bin doch grade erst ins Bett gegangen. Egal. Raus aus den Federn. Im Nachhinein werde ich die Zeit von 9 Uhr bis 10 Uhr einfach ersatzlos streichen. Punkt. Um halb elf geht’s dann los zum Neumarkt. Funkenbiwak. An dem Platz wo 1823 der erste Rosenmontagszug stattgefunden hat. Es ist – brechend voll! Egal. Wir wissen ja wohin und haben schnell ein Reparatur-Kölsch und eine Erbsensuppe in der Hand. Tut des gut. Großes Servus und Hallo, irgendwie habe ich das Gefühl, ich kenne in Köln mehr Menschen als in München.
Nach dem Stippeföttche ist Teil 1 des Tages erledigt. Die Wahl fällt auf eine Cola, ohne Eis, im Café. Dann noch ein bisschen Augenpflege bis es heute Abend mit Vollgas weitergeht.
Es gibt Tage, da kann man das Gaspedal einfach nicht sofort durchtreten. Da braucht es ein paar Runden bis es läuft. In der realen Welt hätte ich heute Morgen um 10 Uhr schon ausgecheckt. Im Parallel-Universum läuft alles anders, da gilt eher: Jetzt erst recht! Also los. Den Frack aus dem Schrank geholt, den Zylinder auf den Kopf und das beste präsentieren, was Köln und München zu bieten hat. Ob´s weh tut? Ja! Also Nein! Also ich meine – oh ein Kölsch. Prost!
Während ich noch so drüber nachdenke, was des alles soll, galoppiert mein Schöckelpääd einfach an und schaukelt mich ganz entspannt durch die Nacht. „Für die Iwigkeit“
Veedel, Südstadt, Kneipe an der Ecke – alles in Münchner Hand
Wind und Sturm. Viele traurige Pänz. Die Schul- und Veedelszöch sind abgesagt worden. Saublöd. Für alle die daran beteiligt sein sollen wollten. Aber es ist echt bissi windig. Also echt. Oh Moment, mir wehts grade mein Handy aus der Hand.
Also dann? Watt is dä Plan? Irgendwer kommt hier grade auf die Idee dem Körper, der Stimme und dem Hals was Gutes zu tun und hat Zitronen-Minze-Ingwer-Tee bestellt. Das ist nicht euer Ernst, oder? Meine Stimme liegt irgendwo zwischen Bieresel und Satory. Ganz sicher. Und nur weil ich jetzt was in meinen Körper schütte, was der nicht kennt… Oh, es gefällt ihm. Na gut ok. Was? Essen? Ne, ne, jetzt wollen wir mal nicht übertreiben. Schließlich hatte ich gestern Morgen Erbsensuppe und heute Nacht Döner – glaube ich. Jedenfalls, während ich meinem Körper (hoffentlich) alkohollösliche Vitamine zuführe kommt der Plan für heute Abend: Südstadt. Kneipen Karneval. Großartig. Von Höcksckchen no Stöckchsen, von hier nach da und dann noch dort hin, weil ich da noch einen kenn, der einen kennt, der weiß – jetzt geht noch was!
Und plötzlich nach 4,5 Tagen ist heute Abend der Moment an dem ich – ja, richtig gelesen – ich sage: ab nach Hause! Obwohl die Kneipe noch nicht abgesperrt ist. Obwohl die Party noch nicht zu ende ist. Ich geh jetzt heim. Und es war sooooo schön!
Münchner Kindl
Das Finale nähert sich. Es dauert nicht mehr lang bis der Prinz kütt. Und wenn der da war, dann ist Zeit für Abschied. Aber erstmal kütt der Zoch. Dann der Prinz.
Es schüttet aus Eimern. Die Tribüne schwimmt. Getränk des Tages: Kölsch-sauer! Ich überlege ständig, warum mein Stängchen nicht leer wird, bis mir auffällt, dass es einfach rein regnet… Aber dann kommt endlich der Traktor, mit dem Schild und alles atmet auf und der Regen hört auf und sogar die Sonne schaut vorbei in Köln und der Zoch kütt und es ist einfach herrlich. Der Dom schaut uns zu, die Kamelle fliegen und von den Kanaren bekomme ich ein Video wie meiner Kinder im Club mal schnell einen „Kamelle-werf-Umzug“ ins Leben rufen.
Der Prinz kütt auch – irgendwann – 4 Pittermännchen später. Is des schee. Unser Zug geht erst später, deswegen haben wir jetzt Zeit für das letzte Kölsch. Wir vier. In dem Jahr vor unserem kleinen Jubiläum. Und am Ende bleiben wir vier übrig. Dafür von Herzen DANKE.
Der letzte Blick auf den Dom. Das letzte Kölsch schmeckt zuckersüß. Der ICE rollt los. Richtung München. Dahoam. Wo es am schönsten ist. Ich möchte nicht tauschen. Ich mag Isarwasser und Willi-Becher. Ich mag Weißwürscht und Brenzen. Aber nächstes Jahr, nächstes Jahr fahr ich wieder nach Köln. Zum Dom. Zum Kölsch. Zum Büdche. Zu Flönz. Weil es einfach schön ist und weil „wer nia furt kummt, kummt a ned hoam“ alles sagt.
Du bes die Stadt am Rhing de graue Strom… aba so lang die grüne Isar durchs Müchner Stadterl geht, bin i hier dahoam. Und ich bin und bleib dir dankbar, dass du, liebes Köln, mich jedes Mal von Herzen aufnimmst, mich nie alleine lässt und das ich als Immi mit dir so fiere kann, wie es sich für ne Kölsche gehört.
Häschtäg: Nur mitananda samma Fastelovend – das wars noch nicht – man muss och jünne künne – Alleine niemals einsam – Lavendel-Zitronen-Limonade
Wenn am Himmel die Stääne danze
Un dr Dom sing Jlocke spillt
Jo dann weiß ich dat ich doheim bin
Jo doheim bin heh am Ring
DANKE an Euch! Weil ich meinen Fastelovend besonders gemacht habt. Alle. Ihr seid herrlich, wunderbar, großartig und für mich eine Bereicherung. Danke!