Geweihda – Trachtencouture

Dirndl-Love

Trachtencouture – Handmade in Oberbayern.

Oberbayerische Gemütlichkeit wie sie im Buche steht: Grüne Wiesen, große Felder, weites Land. Eine kleine Kapelle, verschnörkelte Ortschaften und romantische Feldwege. Kleine Wäldchen, seichte Flüsse und hier und da ein warmer Badesee. An einer Hauswand ist ein großes Hirschgeweih gemalt. Davor ein kleines Holzbankerl. Links und rechts zwei große Schaufenster, üppig dekoriert mit edlem Trachtengwand.

Im inneren des Ateliers offenbart sich ein Trachtentraum. Dirndl in schillernden Farben. Lederhosen mit aufwändigen Stickereien. Mieder. Blusen. Spenzer. Gilets. Die Wände werden von trachtenlastigen Raritäten aus alter Zeit verziert. Präsenter mit Accessoires für die Dame: Kropfbänder, Ketten, Ohrringe und Charivaris. Auf einem Regal thronen Trachtenhüte mit aufwendiger Verzierung. Eine alte Registrierkasse steht in einer Ecke. Und wo man hinschaut lacht einem ein Geweih entgegen. Gehweida!

Die Trachtendesignerin Petzi Schmid-Grasch steht strahlend mitten in ihrem Atelier. Um sie rum blinken und funkeln die Kleidungsstücke mit ihren Augen um die Wette. Seit nicht weniger als 12 Jahren macht Petzi Dirndl. Und das, obwohl sie als Kind die Trachtenleidenschaft ihrer Mama überhaupt nicht teilte. Irgendwann kam dann aber die Erkenntnis: „Meine Heimat ist der Tegernsee, in meinen Adern fließt künstlerisches Blut und vor allem: die Trachtenmode, die jetzt auf dem Markt ist, hat nichts mit Bayern, Tradition oder gar Tracht zu tun.“ So wurde aus einer Trachten-Revoluzzerin eine Dirndl-Designer mit ganz viel Herz und noch mehr Liebe zum Detail.

Dirndlcouture – nix von der Stange

Natürlich hängen im Atelier alle Kleider sauber auf einem Bügel an einer Stange. Aber: die Handgemachten Designerstücke, die eigens für Geweihda von Schneiderinnen aus dem Umland gefertigt werden, gibt es aus jedem Stoff in jeder Größe nur ein einziges Mal. Eben Couture. Die Dirndl werden überwiegend aus Seide gefertigt. Seide ist die einzige in der Natur vorkommende textile Endlos-Faser. Sie zeichnet sich durch den schimmernden Glanz, die hohe Festigkeit und die brillante Farbechte aus. Außerdem, und das ist insbesonders in der Trachtenwelt nicht zu verachten, neigt Seide kaum zum Knittern. Wildseide, welche etwas starrer, kräftiger und fester ist, verwendet Petzi gerne für ihre Mieder und Kleider. Neu ist bei Verarbeitung der Geweihda-Dirndl die Jacquard-Seide. Bei dieser Stoffart handelt es sich um eine höchst aufwendiges Webverfahren, bei dem filigranen Muster den Stoff luxuriös und hochwertig erscheinen lassen. Petzi bezieht ihre Jacquard-Seide aus einer kleinen Manufaktur im schönen Wien, die sich darauf spezialisiert hat, ihre Stoffe traditionell erscheinen zu lassen. Kleine Herzen, Hirsche oder Geweihe werden mit edlen Garnen gewebt.

Traditionell mit Glitzer und Chichi

Wenn Trachten ihre Hochkonjunktur haben, dann wird es Herbst in Bayern. Zum Ende der Sommerferien hängt in fast jedem Oberbekleidungsgeschäft irgendetwas „Trachtiges“. Nur in den seltensten Fällen haben diese Kleidungstücke allerdings was mit Tracht zu tun. Die sind zwar aus kariertem Stoff, haben auch etwas Miederartiges an sich und sind optisch zumindest mit einer Leder Art zu vergleichen – Trachten sind es aber nicht. Bei Geweihda ist das anders. Hier ist der Zahn der Zeit zwar auch nicht spurlos vorbeigezogen, aber es wird genauestens darauf geachtet, dass die Tradition, die ein Dirndl ausmacht gewahrt bleibt. Das erkennt man in erster Linie mal am Schnitt: das Knie der Dame sollte bedeckt sein. „Jede Frau und jedes Mädchen, die älter sind als 11 Jahre, sollten auf Mini-Dirndl verzichten.“ so die Aussage der Designerin. Warum? Mini-Dirndl sind eine völlige Fehlinterpretation von „sexy-clothing“ liegt im ersten Moment daran, dass ein Dirndl eine sehr schmale Taille macht. Der wenige Stoff an dem kurzen Rock bringt nicht die nötige Schwere auf, um eine schöne Silhouette zu zaubern. Folgend ist das Mini-Dirndl also eher unvorteilhaft. Der nächste Aspekt, der gegen ein zu kurzes Dirndl spricht ist selbstreden der „Traditionelle Gedanke“. Ein Dirndl kommt zum einen als Arbeitskleidung vom Land daher (daher übrigens auch die Schürze) zum anderen ist es ein Festtagsgewand. Und im katholischen Bayern wurde jeglicher Festtag in der Kirche begonnen. Und was das Kirchenoberhaupt zum unbedeckten Knie zu sagen hat, ist ja weithin bekannt.

Zu der ausreichenden Länge eines Dirndls kommt dann natürlich auch der Schnitt. Insbesondere natürlich der des Mieders. „Weniger ist manchmal mehr. Die ganz alten Schnitte, bei denen das Dirndl hochgeschlossen ist, gefallen mir nur bei wenigen Frauen. Es gibt aber Damen, die das auf Grund ihrer Proportionen sehr gut tragen können. Allerdings gibt es ja auch viele Zwischenstufen. Der Trend geht im Moment sicherlich hin zum `bedeckteren Dekolleté`. Das kommt mir entgegen und gefällt mir sehr gut.“ Petzi zeigt mir ein Dirndl welches einen hochgeschlosseneren Ausschnitt hat.

Was nicht zwingend „altbacken“ oder traditionell sein muss, ist die Farbgebung der Kleider. „Fröhlich, frische und leuchtende Farben dürfen schon sein. Schließlich trägt man Dirndl meist zu fröhlichen Anlässen. Da darf auch die Farbe die eigene Stimmung widerspieglen.“ Und das sieht man im Atelier. Von leuchtend rot bis himmelblau, von sommerlichem Apricot bis hin zu sattem grün findet man hier fast alle Farben. „Und glitzern darf es auch. Schließlich muss Frau heute nicht mehr die Stallarbeit verrichten in dem Gewand.“ Die Dirndlschürzen glitzern wirklich. Feiner Brokat mit Steinchen, Glitzerapplikationen und leuchtende Farben vereinen sich zu einem Trachtenwunder. Aber es geht auch gedeckter. Sanfte Beigetöne, zartes rosa und gedeckte Brauntöne kommen bei den Geweihda-Dirndl ebenso zur Geltung. „Hier kombiniere ich die Kleider gerne mit einer auffälligen Kette, einem Hut oder anderen Accessoires.“

Die Dirndl No-Go´s

„Ein Dirndl ohne Bluse wirkt billig!“ Eine Bluse unter dem Dirndl ist ein absolutes Muss. Zum einen, weil es schön und edel aussieht. Zum anderen, weil man mit einer Bluse ein Dirndl komplett anders aussehen lassen kann. Ist der Schnitt der Bluse eher „offen Herzig“ wirkt das Kleid sexy. Eine Spitzenbluse lässt es verspielt wirken und die Hochgeschlossene Bluse macht ein Dirndl zu einem edlen Kleidungsstück, welche man auch auf der Hochzeit des Chefs anziehen kann.

„Ballerina und Chucks sind maximal am Autoskooter erlaubt.“ Unter ein Dirndl gehört ein geschlossener hoher Schuh. Maximal ein Peeptoe. Das macht einen schlanken Fuß und auch die Haltung der Dame verändert sich ins Positive. Über die Höhe des Absatzes darf Frau selbstverständlich selbst entscheiden. Ein Absatz sollte dennoch deutlich zu erkennen sein. „Wenn sich die jungen Mädels auf der Wiesn treffen um die neuesten Fahrgeschäfte auszutesten, dann mag ich es mir noch eingehen lassen, dass man Chucks trägt. Fraglich ist, ob das Dirndl hier das richtige Kleidungstück ist!“

„Jeansjacke und Dirndl“ Wenn die Trachtenzeit angebrochen ist, dann sind die lauen Sommerabende Geschichte. Dann muss ein Jäckchen für den Heimweg her. Und da gibt es eine tolle Auswahl vieler verschiedener Modelle: vom Spenzer über den Janker bis hin zur Strickjacke. Edel, schick und Figurbetont. Jeansjacken gehören nicht über ein Dirndl. In keiner Situation. Niemals. Die hatte man ja auch den ganzen Sommer dabei, die hat jetzt Pause, ab in Schrank damit!

Das perfekte Dirndl

Das perfekte Dirndl ist erst dann perfekt, wenn die richtige Frau drinsteckt. Schnitt, Länge und Farbe können noch so perfekt sein – sitzen muss es. Ohne Wenn und Aber. Von der Schulter bis zum Rockzipfel. Auf die Details kommt es an. Angefangen beim BH und endend bei dem richtigen Schuh. Frau kann in ihrem Dirndl die ein oder andere Problemzone verstecken – aber niemals sich selbst. „Manchmal kommen Frauen zu mir, die eine ganz besondere Vorstellung von einem Dirndl haben. Ich sehe sofort, dass das nicht geht. Dann spiele ich mit Kleinigkeiten: ein dezentes Beige statt dem gewünschten knall rot. Eine Schürze mit viel Glitzer statt der auffälligen Schnürung. Oder manchmal ist es einfach nur eine Kette, die das Outfit perfekt macht. Und manchmal ist es auch nur die Bluse. Eine andere Bluse macht den Gesamteindruck auf einen Schlag ganz anders.“  Petzi strahlt, als mir das rosa Dirndl schließt. „Das Dirndl hier zum Beispiel, das trägt genau deinen Namen. Das sitzt wie angegossen!“ Ich drehe mich um zum Spiegel und weiß genau, was sie meint: Meine Augen leuchten und ich grinse über das ganze Gesicht: dezent in Rosa, mit weißen Hirschen, einer Spitzenbluse und eine Glitzerschürze. Wunderschön.

Die Sonne geht langsam unter in Oberbayern. Es wird frisch draußen. Ich lasse den Blick noch einmal durch das Atelier schweifen – bis ins kleinste Detail ist dieser Trachtentraum hier dekoriert. Nichts dem Zufall überlassen. Alles passt und ist in sich stimmig. Genau wie bei den Trachten Outfits die zum Verkauf stehen. Petzi liebt das Detail und das erkennt man in jedem einzelnen ihrer Dirndl. Ein Foto noch von dem schönen Geweih, außen an der Hauswand. „Jetzt Petzti, geweida, Feierabend und vielen lieben Dank, dass ich Dich besuchen durfte.“

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