Karl May Spiele

Charly mein Bruder

Winnetou fasziniert, auch noch nach all den Jahren. Über Generationen hinweg fesseln die Geschichten des Indianer Häuptlings. Ob als Buch, Hörbuch, Film oder sogar Live. Und so eine Live-Inszenierung gibt es auch auf der Karl May Bühne in Pullman City. Ich bin mal hingefahren und habe es mir angeschaut, um Euch zu berichten.

Winnetou I

Die Geschichte kennt vermutlich jeder – zumindest dann, wenn ihr bis hier hin lest, denn dann interessiert Euch Winnetou grundsätzlich. Auch das Ensemble in Pullman City hat sich nah an dem Originalbuch orientiert. Winnetou I erzählt die Geschichte wie sich Winnetou und Old Shatterhand kennenlernen.

Das Bühnenbild

Imposant schaut es aus. Das Felsengebirge, der Saloon einer Stadt, das Apachen- Pueblo und natürlich die große Sandarena, die als Bühne für Bisons, Pferde, Kutschen und Darsteller dient. In dem hügligen Gelände in Pullmann City ist nun ein natürliches Amphitheater entstanden. Auf dem Hügel sitzen die Gäste auf festmontierten Bänken aus Stein und Holz und weil es verhältnismäßig steil ist, hat man von nahezu jedem Platz eine gute Sicht auf das Geschehen.

Bum und Peng und Pfeile und Schießen und Laut

Laut ist es. Aber das bringen Explosionen, Schießerei und Angriffe so mit sich. Das ist auch nicht schlimm, das baut Spannung auf und gibt dem Ganzen die nötige Kraft. Was etwas weniger laut sein dürfte, sind die Dialoge. Allerdings gar nicht wegen der Lautstärke, sondern eher, weil es sich anhört als würden die Darsteller ständig schreien. Das ist anstrengend zum zuhören und unnötig. Manchmal sogar eher störend.

Viel los

Imposant ist die Menge an Komparsen, Statisten und natürlich auch die Pferde. Das macht viel her und schaut gut aus. Auch wenn man sich hie und da etwas mehr Emotion, Leidenschaft und Mitspielen bei den Komparsen wünschen würde. Teilweise hat man das Gefühl, die Komparsen erwachen nur für einen Schrei aus ihrer Starre. Aber ohne Frage gibt es ein tolles Bild, wenn die Indianer gegen die Bahnarbeiter und die Apachen gegen die Comanchen kämpfen.

Feuer und Rauch

Die Pyrotechnik verdient großes Lob! Es raucht und knallt und leuchtet. Die Explosionen sind sensationell und mit so viel Wucht, dass es teilweise im Zuschauerraum warm wird.

Große Fußstapfen

Rollen spielen zu müssen, welche seit 60 Jahren bekannt und unübertroffen sind ist kein leichtes Unterfangen. Unweigerlich muss man sich hin und wieder den Vergleichen stellen. Man kann diese Figuren und deren Darsteller nicht nachmachen, man kann allerdings auch das Rad nicht neu erfinden, also muss man einen Mittelweg finden. Im Kostüm und der Besetzung haben die Macher sicherlich einiges Rausgeholt. Wie oben bereits angesprochen, darf in der Umsetzung sicherlich noch einiges verbessert werden. So gleicht das Theater in seinen Dialogen einem übersteuerten Maschinengewähr. Schreiend, schnell und wenig betont prasseln die Sätze und Entscheidungen auf das Publikum ein. Manchmal so schnell, dass man es gar nicht versteht. Und wenn das Publikum bei einem Szenenapplaus den Darstellern und sich selbst etwas Luft verschaffen will, dann wird es von der Bühne ignoriert und es geht sofort weiter. Schade – insbesondere für die Darsteller, schließlich ist es ihre Anerkennung.

 

Wenn ich mich nicht irre

In einem schweren und grundsätzlich traurigen Stück gewinnt natürlich Einer, der die Lacher auf seiner Seite hat. Grade in der heutigen Zeit dürstet es nach unbeschwerter Zeit und nach Lachen. Sam Hawkins sorgt genau dafür. Der kleine Kauz, der mit seiner liebenswürdigen Art sofort die Herzen der Zuschauer gewinnt, kann in vielerlei Hinsicht glänzen – nicht zuletzt weil Darsteller Ulf Gerspacher nahe zu der Einzige ist, der zwischen zwei Sätzen auch mal Luft holt und sich beim Reden so viel Zeit lässt, dass seine Witze auch wirklich beim Publikum ankommen. Gelacht werden darf dann jedoch nur schnell und leise, denn der nächste Satz eines anderen kommt garantiert in unmessbarer Geschwindigkeit. Schade.

Winnetou, Old Shatterhand und Santa Maria

Optisch ist Ivica Zdravkovic die wohl beste Besetzung, die für einen Winnetou zu finden ist. Auch auf seinem Rappen macht er eine hervorragende Figur und den Reiter nimmt man ihm ohne Frage beim ersten Blick schon ab. Ähnlich verhält es sich bei Dierk Murelli, der als Santa den Bösewicht und Mörder spielt. „Intuitiv sicher im Sattel“ und mit genügend Bühnenpräsenz kauft man ihm seine Rolle rein optisch sofort ab. Der smarte Frauenschwarm Alexander Milz lässt nicht nur Nscho-Tschis Herz höherschlagen. Bei zahlreichen Saltos, Sprüngen und Kämpfen stellt er seine Körperbeherrschung unter Beweis. Ob er tatsächlich tagelang auf einem Pferd durch die Prärie reiten würde?

Fazit

Nach einem entspannten, gemütlichen Tag in der Westernstadt ist das Theater ein schöner Ausklang. Man könnte aus der Bühne, dem Stück und den vorhandenen Möglichkeiten sicherlich noch viel mehr rausholen. Auch die Regie darf an vielen Stellen noch nachbessern und den Darstellern einiges an Handwerkszeug auf die Theaterbühne mitgeben. Viel mehr Ruhe und Gelassenheit, weniger laute Dialoge und mehr Zeit zum Spielen könnten aus der kleinen Karl May Bühne einen Geheimtipp machen. Der Grundstein ist gelegt, jetzt wünscht man sich, dass daraus was schönes entsteht.

 

Karten und weitere Infos findet ihr hier

 

Ich war nicht eingeladen, habe alles selbst bezahlt und habe auch keinen Auftrag bekommen.
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