Regenzeit

Paulas Tagebuch

Noch 24 und Rest von heute

Regenzeit

„Kann es eigentlich sein, dass Frau Holle eine depressive Alkoholikerin geworden ist?“

So viel Regen wie dieses Jahr ist doch noch nie runtergekommen, oder irre ich mich da? Also jetzt mal im Ernst! Entweder wir schmelzen in unbändiger Hitze vor uns hin oder wir saufen ab. Und kurz bevor wir fast absaufen kommt dann auch noch ein dermaßener Sturm vorbei, dass du Sorge tragen musst, dass dir nicht doch noch die Haare vom Kopf weht! Da fliegt so ziemlich alles durch die Gegend. Außer: den großen Augustiner Schirmen! Die bleiben einfach ganz geschmeidig stehen, wanken etwas nach links und rechts und harren der Dinge die kommen…

Sommergewitter

Ein Sommergewitter hat es während des Dachauer Volksfests immer schon gegeben. Eins. Vielleicht auch mal zwei. Auch mit richtig Rambazamba. So dass das Zelt geräumt werden musste. So dass Schlitten (die riesigen Tabletts der Bedienungen) als Regenschutz geklaut wurden. So dass es das Wasser von oben und von den Seiten ins Zelt gedrückt hat. Aber des war halt mal. Und nicht gefühlt täglich.

Allerdings muss man neidlos anerkennen: wenn´s regnet, dann sind die Gäste elementar entspannter, wie wenn die sengende Hitze über der Festwiese liegt! Ja, wirklich. Bei der Hitze sind die zum Großteil echt unentspannt. Da sind sie genervt, ungeduldig und auch noch im höchsten Maße unfreundlich. Da kannst ihnen nix recht machen.

„Hallo Fräulein – sie, wir wollten uns des halbe Hendl zu 3. Teilen, würden sie uns vielleicht noch 2 Besteck bringen!“ ohne Bitte versteht sich von selbst.

Bei Fräulein bin ich eigentlich schon ausgestiegen. Aber gut, sehen wir es positiv – er sieht mir die drei Kinder und die zwei Scheidungen offensichtlich nicht an. Wer mich kennt weiß aber, dass bei einem Essen und der Frage nach dem zweiten Besteck meine Nackenhaare schon zu Berge stehen – bei der Frage nach dem dritten Besteck für den gleichen Teller wird’s ziemlich unromantisch. Insbesondere dann, wenn kurz vorher – beim Kassieren – großzügig auf 9,50€ gerundet wurde. Wo des Hendl 9,20€ kostet… „Gibst ma 50gerl retour, des passt scho!“

Warum ich da so ekelhaft bin? Erzähle ich Euch gerne:

Wir Bedienungen bezahlen Besteckgeld. Täglich 10€. Pro Bedienung. Warum? Ganz genau kann ich Euch des ehrlich nicht erklären – nur so viel: das Besteck wird in Servierten gewickelt geliefert. Früher haben die Bedienungen sich hingesetzt und das Besteck selber poliert und gewickelt. Heute macht des eine Firma und liefert eben dieses. Es sei dahingestellt, ob es dieses gewickelte Besteck braucht. Praktisch ist es für uns Bedienungen schon. Wir greifen in die Kiste, nehmen uns so viel gewickeltes Besteck wie wir benötigen und los geht’s. Die Gäste freut es auch. Das Besteck ist immer sauber, Servierten sind auch immer dabei. Warum genau jetzt die Bedienung dafür grade stehen muss und nicht der Wirt, der des Essen ja verkauft und dem eigentlich daran gelegen sein sollte, dass die Gäste die Käsespätzle nicht mit den Fingern essen – mei, es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde die lassen sich einfach nicht erklären.

Besteckgeld

Fakt ist jedenfalls: es haben sich noch nicht genügend Bedienungen gefunden um eine Gewerkschaft zu gründen und deswegen zahlen wir des Besteckgeld. Von unserem Trinkgeld. Oder eben von der Umsatzbeteiligung. Um Euch des zu verdeutlichen: wenn ich für ein Hendl 30 Cent Trinkgeld bekomme, dann muss ich 10 Hendl verkaufen, bis ich mein Besteckgeld verdient habe (mit 30 Cent Trinkgeld verdiene ich 1 Euro am Hendl).

Natürlich ist es so, dass je mehr Besteck wir brauch, je mehr müssen wir dafür blechen – völlig logisch. Am Ende habe ich jedenfalls überhaupt gar keine Freude daran, zwar Besteck raus zu geben, aber im Gegenzug kein Essen zu verkaufen – respektive, wie im hier vorliegenden Fall nur ein mickriges Trinkgeld zu bekommen. Ziemlich genau so habe ich des meinem Wirt auch erklärt und ihm gesagt, ich würde einfach für ein zusätzliches Besteck a 50gerl verlangen – zumindest dann, wenn Rechnung und Trinkgeld recht wenig Gemeinsamkeiten aufweisen… Die Idee fand er ganz gut und hat es im Umkehrschluss direkt allen anderen Bedienungen auch so weitergegeben.

Corona – die Ausrede für alles

Oiso guad. Ich hab also meinen Gast freundlich angelächelt (und verbotenerweise sogar mit Abstand die Maske vom Gesicht genommen, damit er sieht, dass ich lächle) und ihm gesagt: „Freilich bring i Eich gern, aber aber i dad pro Besteck a 50gerl verlangen!“ Und dann is losgegangen! Aber frag nicht wie! Da schreit der mich an, ob ich noch ganz sauber bin, sowas wäre ihm noch nie passiert und schließlich ist er Gast und schließlich hat er für des Hendl bezahlt und schließlich ist Corona!

Aha – und weil Corona ist… teil der mit 60er zwar mit seine zwei Has´n des Hendl aber??? Ich hab ihm dann erklärt, dass auch ich des Besteck bezahlen muss, und das eben pro Gericht ein Besteck inkludiert ist und nicht 3. Er hat sich nicht beruhigen lassen und ich habe es aufgegeben und kurz bevor ich losgehen wollte seh ich, wie eine seiner bezaubernden Schnecken einfach mit den Fingern des Flitschal genüsslich vom Korpus trennt und anfängt hinzunackeln. Ganz ohne Messer und Gabel und ganz ohne Geschrei nach einem extra Besteck…

Eigentlich Servierten

Ich hab die zwei weiteren Besteck gebracht. Dem lieben Friedenwillen nix verlangt und was soll ich Euch sagen: am Ende war kein Besteck gebraucht – nur die drei Servierten – die hätte ich ihnen auch ganz ohne Aufregung gebracht…. Und natürlich hätte nicht mal drüber nachgedacht was zu verlangen. Das Besteck kann man jetzt nicht mehr verwenden, des wird jetzt unbenützt gespült und frisch gewickelt!

Wenn’s Regnet sind die Gäste entspannter!

Am Montag hats geregnet in Dachau. Was der Himmel hergegeben hat. Von in der Früh an. Aber meine Gäste waren mal wieder die besten der Welt! Die waren einfach entspannt, haben mich mit dem Schirm direkt an der Schänke abgeholt (damit des Bier nicht verwässert und ich nicht so nass werde) und sich einfach gefreut, dass es wieder ein bissi normal ist. Gegessen ham die auch. Jeder ein eigenes Gericht, oder auch zwei! Mit Besteck! Und einfach nach zusätzlichen Servierten gefragt. War auch gar kein Problem. Aber die sind auch schon lange meine Lieblingsgäste und wissen wie des läuft und sind vor allem froh und dankbar, dass ihre Paula immer noch im Bierzelt arbeitet und nicht in den Supermarkt an die Kasse gewechselt hat.

Die besten Gäste

Alle anderen Gäste waren auch voll gut drauf – klar! Wenn du bei strömenden Regen in Biergarten gehst, dann musst entweder ganz gewaltig einen an der Mappe haben oder dich einfach freuen, dass genau jetzt Ersatz-Volksfest ist in Dachau ist und dass man Feste feiern muss wie sie fallen und das des bissi Regen der Gaudi mal gar keinen Abbruch tut…

Häschtäg: Gewerkschaft brauchen wir nicht – Besteckgeld verdient sich nicht von alleine – noch 24 und der Rest von heute!

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