noch 48 Tage – und derRest von Heute!
So lang da Oide Bäda…
Die Weltstadt München ist nicht zuletzt wegen ihrer Kultur, ihren vielen guterhaltenen zum Teil wieder aufgebauten historischen Gemäuern und ihrer architektonischen Sehenswürdigkeiten eine der schönsten Städte der Welt. München gilt völlig zu Recht als traditionsbewusst. Kaum eine andere Stadt pflegt und lebt Tradition und Brauchtum so sehr wie München. Und kaum eine andere Stadt ist so stolz auf ihre Geschichte, ihre alten Bauten, ihre Denkmäler und ihre Kirchen. Und Kirchen gibt’s in München eine Menge.
„Überall da wo die Römer waren, haben sie Kultur hinterlassen“
(ein guter Bekannter von mir, am 31.7.2019 bei einer gemütlichen Hoiben)
Die älteste unter ihnen ist St. Peter. Oben am Petersbergl thronend wacht sie über die Altstadt. Über den Viktualienmarkt, den Marienplatz, den Rindermarkt. Als 1158 Heinrich der Löwe sein Löwentor errichten ließ und der Augsburger Schied München als Markt festlegte, gab es des Petersbergerl schon. Die Historiker debattieren bis heute, ob da schon ein kleines Gebäude war oder nicht. Fakt ist, 1225 als Herzog Ludwig der Kehlheimer zu Besuch in München war, gab es die Kirche. Und damit ist sie älteste in München. Und irgendwie ist sie auch die „schönste“. Nicht wegen der Architektur, den Gemälden, der Kanzel oder sonst irgendwas. Sie ist die schönste, weil sie da steht wo sie steht. Weil man den Turm besteigen kann und über ganz München Blicken kann, weil man sie sieht, wenn man im Biergarten am Viktualienmarkt sitzt. Weil man „nauf muaß“ zum oiden Bäda.
Der Aufstieg zur Aussicht hat es in sich. 14 Stockwerke müssen erklommen werden. Holztreppen mit kleinen und großen Stufen führen hinauf. Die Holztreppen lassen viel Blick zu, nach oben, nach links nach rechts und natürlich auch nach unten. Nicht selten sind die Leute unterwegs wieder umgekehrt. Weils schon a bissi gruselig ist. Und anstrengend. 306 Stufen sind es bis oben. Aber dann, dann steht man 56 Meter über München und sieht alles! Bei Fön noch mehr. Bei Fön ist es dafür auch noch gemeiner da hoch zu laufen – aber so ist das: vo nix kummt nix!
Es ist natürlich naheliegend, dass insbesondere am Wochenende die Touristen schlage stehen, um den Turm zu erklimmen. In den Wochen vor den Ferien sind es Schulklassen, die anstehen. Allein ist man selten da oben. Aber so schlimm ist des auch nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn man den Leuten dann zuhört, was die alles sehen und beschreiben, dann ist des grade zu amüsant da oben. Da wird der Monopteros schon mal zur Grabstätte und die Theatiner Kirche zum Schloss.
Die acht Glocken von St. Peter bringen ebenfalls viel Geschichte mit. Zum einen ist das Glockengeläut das Tontiefste in München, zum anderen ist die älteste Glocke aus dem Jahr 1327 nach dem Stadtbrannt. Die wird heute nicht mehr geläutet. Die „Arme-Sünderin“ hat ausgedient. Weils keine Henker mehr gibt in München. Gott sei Dank.
Die anderen Sieben Glocken kann man noch hören. Die jüngste Glocke wurde zum 800. Geburtstag der Stadt eingehängt. 1958 läutete die damals Tontiefste Glock in Bayern zum ersten Mal. Heute hört man sie noch bei Hochfesten. Das schönste Glockengeläut findet jeden Samstag um 15 Uhr statt. Da ertönen für ca. 7 Minuten die fünf mittleren Glocken und läuten den Sonntag ein. Den Feierabend. Das Wochenende. Weil München eigentlich doch ein Dorf ist und am Samstagmittag ist Wochenende. Dann schließen die Standl am Viktualienmarkt und die kleinen Läden in München. Dann trifft man sich auf eine Hoibe im Biergarten und lässt die Woche ausklingen. Bis 20 Uhr haben nur die „großen Geschäfte“ auf. Die Konzerne, die es in jeder Stadt gibt. Die nix besonderes sind.
Diese Gemütlichkeit ist es, die München aus macht. Weil man in München am Samstag um 15 Uhr schon den Sonntag einläutet. Den Tag in der Woche, den man Freunden und Familie verbringt. Zur Gemütlichkeit gehört in München neben dem Bier und einer Brotzeit natürlich auch Musik. Nicht verwunderlich also, dass irgendwann ein Volkssänger ein Lied über den „Oiden Bäda“ gemacht hat.
Solang der alte Peter
am Petersbergerl steht,
solang die grüne Isar
durchs Münchner Stadterl geht.
Solang da drunt am Platzl
noch steht das Hofbräuhaus,
so lang stirbt die Gemütlichkeit
in München niemals aus,
so lang stirbt die Gemütlichkeit
in München niemals aus.
Gut ging es dem Alten Peter nicht immer. Brände, Blitzeinschläge und vor allem der zweite Weltkrieg haben ihm schwer zu schaffen gemacht. So schwer, dass man überlegt hat, ihn komplett abzureißen. Aber da hat man die Rechnung ohne die Münchner gemacht. Die halten zu ihrem „Oiden Bäda“ und haben ihn „gemeinsam“ wieder aufgebaut. Gemeinsam, weil sie einen Verein gegründet haben. Geld gesammelt haben und nicht nachgegeben haben. Und dabei hatten Sie prominente Unterstützung: der bayerische Rundfunk hat die Melodie des Liedes als Pausenzeichen verwendet. Zunächst wurde sie in einer um den letzten Ton verkürzten Version abgespielt, brach also in der Mitte des Wortes „Peter“ ab, um an die Zerstörung der Kirche und die Notwendigkeit von Spenden für den Wiederaufbau zu erinnern. Ab dem 28. Oktober 1951 spielte der Bayerische Rundfunk das vollständige Pausenzeichen.
Natürlich gibt´s auch für des Lied vom „Oiden Bäda“ einen Münchner Liedermacher, der das verwendet hat. Mit seiner Erlaubnis hier ein kurzer Auschnitt. Lieber Roland, des ist die schönste Version von der Münchner Gemütlichkeit – samt der Hektik, die sie so mitsichbringt.
Möge dieses Lied recht haben. Möge der Oide Bäda steh bleiben und seine Glocken weiter den Sonntag schon am Samstag einläuten, die Isar weiter durch München fließen und immer ausreichend Wasser führen und das Hofbräuhaus weiterhin ein Touristen Magnet bleiben, damits uns lange noch so gut geht und die Münchner Gemütlichkeit nicht ausstirbt.
Übrigens: Wenn man jetzt im August auf den Oiden Bäda kraxelt, dann kann man am Fuße der Bavaria schon den Paulaner Turm entdecken. Und auch den großen Löwen kann man schon sehen. Die großen Festhallen nehmen ebenso Gestalt an… noch 48 und der Rest von heute.
Notiz: Gemütlichkeit ist ein hohes Gut – spontan gemütlich zam sitzen – einfach weils schee is.