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VOLKFEST-TAGEBUCH DACHAU 2024 – DER COUNTDOWN ZUR WIESN.
HEUTE: Gäste und Gäste
Ohne Frage gehört eine Bierzeltbedienung zu den beliebtesten Menschen in einem Bierzelt. Schließlich ist sie diejenige, die das flüssige Gold bringt, Essen ranschafft und im besten Fall auch noch einen gemütlichen Platz irgendwo an einem Tisch hat. Der gemeine Bierzelt-Besucher sucht sich mit der Zeit seine Bedienung raus und bleibt dieser über Jahre, Feste und Biermarken treu. Vereinzelt könnte man sogar meinen, der Gast reist der Bedienung hinterher. Von Fest zu Fest, von Bierzelt zu Bierzelt, von Maßkrug zu Maßkrug.
Wenn du eine gute Bedienung hast, dann ist dir fast Wurscht, wo du sitzt. Im Regelfall wandern Bedienungen nämlich durchs Bierzelt. Damit jede mal einen weiten Weg hat, mal einen starken Service und mal eine ruhige Kugel schieben kann. Hier entscheidet das Los-Glück, wann du wo arbeitest.
Glückslos
Welches Los jetzt das Glücklos ist, kann man eigentlich gar nicht so genau sagen. Wenn des Zelt voll ist, dann ist überall was los. Wenn keine Gäste kommen ist halt auch nirgends was los. Trotzdem hat man mit verschiedenen Stationen einfach unterschiedlich Glück. Mal hast du die Box 1 am Feiertag, das Zelt ist halb leer, aber in der Box steigt die Party, weil sie ausreserviert ist. Mal hast du die Box gleich neben der Küche, kurze Wege und die Musik wäre auch nicht so laut und es geht einfach keiner ins Bierzelt. Das ist bisschen wie Lottospielen. Obwohl ich mein „Los-Glück“ schon oft in Frage gestellt habe, muss ich immer wieder feststellen: es kommt wie es soll und eigentlich habe ich am Ende doch immer Glück gehabt. Ich hab schon die tollsten Menschen kennen gelernt, weil das Los es wollte und ich hab schon viel früher Feierabend gemacht – weil das Los auch das so wollte.
Pharisäer
Dieses Jahr hat es mich brutal erwischt. Mit den Pharisäern unter den Gästen. Ein bisschen ist das Bierzeltleben schon auch wie Zug fahren. Du fährst diesen Zug über Jahre durch die Gegend – es steigen immer mal welche ein und steigen immer mal welche aus. Beim Einsteigen mit großem Hallo und beim Aussteigen normalerweise einfach leise und ohne großes Aufsehen. Das ist mir dieses Jahr leider nicht erspart geblieben. Das große Aufsehen. Dieses Jahr haben sie es mir fast täglich, deutlich und laut aufs Brot geschmiert, dass sie aus „meinem Zug ausgestiegen und in einen anderen eingestiegen“ sind. Eigentlich sollte es mir völlig wurscht sein. Ist es aber nicht. Ich mag meine Gäste. Ein paar von denen schon seit fast 10 Jahren. Dieses Jahr haben sie sich nicht einfach wo anders hingesetzt, sondern mir erklärt, dass sie nur noch bei guten Bedienungen sitzen wollen. Soll mir auch recht sein. Jeder wie er mag. Warum man des so sagen muss und nicht einfach nur macht, erschließt sich mir nicht. Muss es auch nicht. Eins weiß ich aber ganz sicher: eine schlechte Bedienung wie ich hat auch dann keinen Platz mehr, wenn es regnet, stürmt, das Zelt überfüllt ist oder eine gute Bedienung nicht mehr da ist. In diesem Sinne: ois guade fia Eich!
Freunde
Andere Gäste kommen dafür nur und ausschließlich, weil sie mich besuchen wollen. Denen ist egal, wie weit sie fahren müssen, was sie für ein Bier trinken, wo sie sitzen. Die kommen einfach, weil sie wissen, wie sehr ich es mag und liebe, im Bierzelt zu arbeiten und dass es mir noch mehr Spaß macht, wenn Gäste da sind die ich gern hab. Die kommen sogar, obwohl sie Bierzelt gar nicht mögen, aber auf a Hendl und a Maß bei der Paula hält man des schon aus. Und dann gibt’s Gäste, die werden zu Freunden, weil man sich im Bierzelt getroffen hat. Die kommen auch immer wieder, Jahr für Jahr. So regelmäßig, dass du die Uhr danach stellen kannst. Manchmal sitzen die dann auch bei anderen Bedienungen, weil sie die kennen, weil sie dort einen reservierten Tisch haben, oder weil der Opa so gern Blasmusik in voll Lautstärke hört und ich ausnahmsweise einen Service ohne „Voll Dröhnung“ habe. Dann kommen die kurz vorbei, sagen Grüß Gott und sind einfach nett. Keiner muss bei mir sitzen, aber ich freu mich immer sehr, wenn sich ausgeht. (schon weil dann sicher ein Tisch weniger frei ist, für Menschen, die Bierzelt nicht verstanden haben)
Keine Gäste
Dieses Jahr hatten wir viele Stunden keine Gäste. Keine die wir mögen aber auch keine die wir nicht mögen. Weil es brutal heiß war, weil Ferien waren, weil es teuer ist, ins Bierzelt zu gehen, weil der Mond falsch gestanden ist, weil 2024 ist oder vielleicht einfach nur weil es am See auch echt schön ist. Für jedes einzelne Argument nicht ins Bierzelt zu gehen habe ich volles Verständnis. Wenn man ist Bierzelt geht, dann mit Leidenschaft und Vorfreude. Zum Jammern ist im Zelt kein Platz, kein Raum und auch keine Zeit. Weder übers Wetter, noch übers Geld und schon gar nicht über den Partner daheim. Dann muss man als Bedienung eben damit leben, dass nicht mehr so sehr viel los ist. Aber sind wir mal ganz ehrlich: es kann ja auch nicht immer noch mehr werden. Irgendwann ist doch mal ein Zenit erreicht…
Ja, Mei!
Jetzt bin ich schon so lange in dem Geschäft und hab schon so viel erlebt, trotzdem erwischt es mich halt auch noch das ein oder andere Mal, dass ein blöder, flapsiger Spruch einfach tief sitzt. Dieses Jahr hat es mich besonders erwischt. Tatsächlich hat es mich für den Moment verletzt. Hat keiner so gemeint, des weiß ich dann, wenn ich mich geschüttelt hab und weiter mache – aber in diesem Moment denke ich dann gerne an meine liebe Freundin, die jetzt sagen würde: „wenn man nicht nettes zu sagen weiß, dann hält man einfach die Klappe!“
Das Ende: na, na, mia sitzn bei gscheide Bedienungen – dürfen wir dich besuchen kommen? – bei dir is am scheensten